Stell Dir vor, Du lernst Deinen neuen Nachbarn kennen …
Tom wird bald Vater und baut ein Haus für seine Familie. Ihr könnt gut miteinander und Du hilfst ihm hin und wieder beim Hausbau.
Ihr setzt Balken, Türen und Fenster und beobachtet, wie ein Haus langsam Gestalt annimmt. Kurz vor Lea's Geburt sitzt ihr bei einem Bier unter dem frisch gedeckten Dach und Du lässt Deine Gedanken schweifen…
Was brauchte es alles, um dieses Haus zu bauen?
Was zunächst nur feine Linien auf Papier waren, wurde durch die Schätze unseres Planeten greifbare Realität. Du denkst an Lehm, Quarzsand und Bäume, die nun Putz, Fenster und Balken sind.
In diesem Haus stecken die Liebe zum Detail … und die begrenzten Rohstoffe eines einzigartigen Planeten.
Ein paar Jahre weiter und Lea wird volljährig …
… und Tom reißt alles wieder ein. Nur 18 Jahre später macht er sich nicht die Mühe, die Rohstoffe wiederzuverwerten. Auf einer Halde sind sie nun eine Last für den Planeten statt wertvoll für unser Leben, wofür er auch noch containerweise bezahlt.
Eine schlechte Rechnung? Ja.
Völlig fiktiv? Für private Baudamen und -herren … zugegeben, wahrscheinlich fiktiv. Es zieht sicher jemand anderes ein.
Und im industriellen Bau?
Einfach alles platt gemacht
Die Fortis Bank in Amsterdam war ein schmerzhaftes Beispiel für einen lebensfeindlichen Trend: Ein immer knapperes Haltbarkeitsdatum unserer Bauwerke.
Das Bankgebäude wurde kurz vor der Jahrtausendwende fertig gestellt und 2014 gleich wieder eingerissen1, ganze 18 Jahre von Konstruktion bis Abriss.
Rohstoffe werden bisher nur selten aus Bauwerken wiedergewonnen und verlieren durch Abrisse massiv an Qualität. Häufig werden sie noch als Schüttgrund downcycled, doch manchmal landen sie auch direkt auf der Halde.
Dort schaffen sie nur noch eines: Unseren schädlichen Fußabdruck in der Oberfläche des Planeten zu vertiefen.
Freiwillige voran: Wer möchte zuerst auf sein Haus verzichten, um die Umwelt zu schützen?
Sicher ist niemand mehr bereit, freiwillig auf schützende Wände zu verzichten und am Frühstückstisch gegen Wind und Wetter anzutreten.
Daheim soll es kuschlig warm sein, am Arbeitsplatz darf der Wind die Notizen nicht vom Schreibtisch pusten und das Theaterstück im Herbst würde ohne Dach ins Wasser fallen.
Eine stetig wachsende Zahl von Menschen braucht ein Dach über dem Kopf. Wir brauchen Häuser um zu leben … und doch brauchen wir einen Wandel, um unseren so einzigartigen wie fragilen Lebensraum zu erhalten.
Ein offener Brief an die Baubranche
Von Bauschutt zu geschlossenen Kreisläufen
Hey, ich bin Stefan und ich mache mir große Sorgen über die Welt, die wir unseren Kindern hinterlassen werden.
Wir haben in den letzten Jahrzehnten ein unvergleichliches Wirtschaftswachstum gesehen. Was es hervorbrachte, haben wir umgehend zu unserem neuen Lebensstandard erklärt und dabei enorme Schäden angerichtet. Ein lineares Paradigma der Wirtschaft hat unsere moderne Welt erschaffen – und bedroht sie jetzt.
Als Top-Manager war ich lange Zeit eher Teil des Problems als Teil der Lösung. Das will ich verändern und dabei die ganze Branche einladen, die Bauwende jetzt mitzugestalten.
Es braucht eine gesunde Dringlichkeit. Richtungsweisende Entscheidungen immer wieder auf das nächste Quartal zu vertagen erschafft keine lebenwerte Welt für die Generationen nach uns.
Die Zeit läuft …
Nach Berechnungen des Mercator Instituts2 haben wir für die Einhaltung des 1,5-Grad-Zieles3 bis zum 29. Dezember 2027 Zeit, um die atmosphärische CO2-Sättigung in den Griff zu bekommen.